Hier fehlt der Schnaps, Wodka gibt es auch aus anderen Ländern, und die gezuckerte Kondensmilch Sguschtschonka war ohnehin eher selten anzutreffen in deutschen Supermarktregalen. Dennoch machen die großen deutschen Lebensmittelhändler jetzt ernst nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Und das wirkt sich auf das Angebot in den Supermärkten und Discountern in Deutschland aus.
Lidl und Kaufland ließen am Wochenende wissen, den Verkauf russischer Produkte vorerst auslaufen zu lassen. Rewe hatte zuvor mitgeteilt, in Russland produzierte Artikel in allen Rewe- und Penny-Märkten auszulisten. Die Discountkette Netto des Edeka-Konzerns kündigte einen Boykott russischer Waren an. Edeka selbst sendete kurz nach Kriegsausbruch ein Signal auf diversen Social-Media-Kanälen: Statt dem Slogan "Wir lieben Lebensmittel" stand dort jetzt "Freiheit ist ein Lebensmittel" auf einer ukrainischen Fahne. Aldi nahm Schnaps aus Russland aus den Regalen. Und auch der in Deutschland expandierende Online-Supermarkt Knuspr verbannte alle russischen Artikel aus dem Angebot.
Viele Lebensmittel-Endprodukte aus Russland sind es nicht, die in Deutschland verkauft werden. Die generelle Haltung des Handels ist aber ziemlich eindeutig: "Wir kaufen keine Ware aus Russland mehr", brachte es etwa André Kowalew in der Lebensmittelzeitung auf den Punkt, der Geschäftsführer von Dovgan aus Hamburg, dem wohl größten Großhändler für osteuropäische Lebensmittel in Deutschland.
Der sibirische Discounter Mere wiederum hat sich wegen des Krieges zwar schon aus europäischen Ländern wie Großbritannien und Spanien zurückgezogen. Was mit den sechs Filialen in Deutschland passiert, ist aber nach Unternehmensangaben noch ungewiss.
Gravierender für die Lebensmittelversorgung in Deutschland sind die Auswirkungen gestiegener Preise für Agrarrohstoffe, Energie und Logistik. Verschiedene Medien berichteten, Aldi rationiere bereits das Speiseöl. Ein Sprecher von Aldi Nord erklärte am Sonntag, der Discounter bitte seine Kundinnen und Kunden grundsätzlich darum, nur in haushaltsüblichen Mengen einzukaufen. Der Abverkauf einiger Warengruppen, unter anderem bei Speiseölen, schwanke derzeit sehr stark von Tag zu Tag. "Dadurch kann es sein, dass einzelne Artikel kurzzeitig vergriffen sind."
Klar ist zudem, dass die Verkaufspreise für Speiseöle wie Sonnenblumen- oder Rapsöl gestiegen sind. Grund dafür sind Ernteausfälle, Lieferengpässe durch Corona-Maßnahmen und nun auch der Krieg in der Ukraine. Dem Verband der Ölsaatenverarbeitenden Industrie zufolge ist die Ukraine der größte Rohöl-Lieferant Deutschlands für Sonnenblumenöl.
Noch sollen die Vorräte in den Lagern für vier bis sechs Wochen reichen. Derartige Verlautbarungen befeuern womöglich Nachrichten darüber, dass in manchen Regalen die Speiseölflaschen schon vergriffen sein sollen. Ein Grund dafür könnte sein, dass angeblich manche Menschen, wie auf Internetportalen zu lesen ist, ihr Fahrzeug mit Speiseöl tanken, um den gestiegenen Spritpreisen zu entgehen. Ob das ernst zu nehmen ist? Nicht nur der ADAC warnt jedenfalls ausdrücklich davor.
Die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte sind laut Statistischem Bundesamt schon 2021 stark gestiegen. Der Verband der Ernährungsindustrie befürchtet, dass der Ukraine-Krieg viele Lebensmittelhersteller noch härter treffen könnte als die Corona-Pandemie wegen der sprunghaft gestiegenen Kosten für Energie und Agrarrohstoffe und dem Mangel an Lkw-Fahrern. "Die Politik muss jetzt alle Maßnahmen prüfen, die für eine Entspannung der Märkte sorgen und die Ernährungssicherheit gewährleisten", sagt Verbands-Geschäftsführerin Stefanie Sabet. Nur durch ein ausreichendes Rohstoffangebot können auch weltweit bezahlbare Preise sichergestellt werden. Der Krieg, so sieht es aus, hat erst begonnen, sich auf das Angebot in Supermärkten und Lebensmittelpreise in Deutschland auszuwirken.
Ukraine-Krieg wirkt sich auf Supermärkte aus - Wirtschaft - SZ.de - Süddeutsche Zeitung - SZ.de
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