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Monday, November 6, 2023

FAO: Hohe Folgekosten durch ungesunde Lebensmittel und Ernährung - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Unsere Ernährung stillt nicht nur den Hunger, sie verursacht auch „versteckte Kosten“ in Höhe von Tausenden Milliarden Euro. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hat erstmals den Versuch unternommen, die Belastung zu berechnen, die vor allem durch falsche Ernährung und durch Umweltbelastung entsteht.

Nach der Auswertung von 154 Ländern kommt die Organisation zu dem Ergebnis, dass die versteckten Kosten der Ernährung fast 10 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausmachen. Es seien in jedem Fall „mehr“ als 10 Billionen Dollar im Jahr.

Laut ihrem jährlich erscheinenden Bericht über „die Lage von Ernährung und Landwirtschaft in der Welt“ (Sofa) entstehen mehr als 70 Prozent der versteckten Kosten durch ungesunde Ernährung infolge von stark verarbeiteten Lebensmitteln, Fett und Zucker. Sie können zu Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebs führen und damit die Arbeitsproduktivität beeinträchtigen. Laut der FAO sind diese Belastungen in Ländern mit hohem und mittlerem Einkommen besonders hoch.

Regionale Unterschiede zwischen einzelnen Ländern

Die umweltbedingten Kosten indes gehen vor allem auf Treibhausgas- und Stickstoffemissionen, Landnutzungsänderungen und Wasserverbrauch zurück. Die FAO schätzt ihren Anteil an den Gesamtkosten auf ein Fünftel. Anders als die ernährungsbedingten Krankheiten der Industrieländer treffen die Umweltkosten auch stark die ärmeren Länder. „Das Ausmaß wird aufgrund der begrenzten Datenlage wahrscheinlich unterschätzt“, schreiben die FAO-Fachleute.

Insgesamt sind die Länder mit niedrigem Einkommen am stärksten von den versteckten Kosten der Agrar- und Nahrungsmittelsysteme betroffen, vor allem wenn man sie an ihrer Wirtschaftskraft misst. Sie machen mehr als ein Viertel ihres BIP aus. In Ländern mit mittleren Einkommen sind es hingegen 12 Prozent und für die reichsten Ländern weniger als 8 Prozent.

Dies liegt auch daran, dass die FAO „soziale Kosten“, wozu sie Armut und Unterernährung rechnet, in die versteckten Kosten einbezieht. In Ländern wie Nigeria und Tansania zum Beispiel dominieren solche Belastungsfaktoren. Doch etwa in Pakistan, Vietnam und Ägypten bestünden aufgrund von ernährungsbedingten Krankheiten wie Fettleibigkeit ähnlich große Herausforderungen wie in Ländern mit hohen Einkommen, berichtet die FAO. Vietnam etwa sei auch von starken Stickstoffbelastungen geprägt.

In Deutschland größter Teil durch ungesunde Ernährung

Für Deutschland kommt die FAO auf eine Belastung durch versteckte Kosten von 7 Prozent des BIP. Das ist etwas weniger als in Italien oder den Vereinigten Staaten mit jeweils 8 Prozent, aber mehr als in Japan (5 Prozent) oder Südkorea (4 Prozent). Mehr als 90 Prozent der versteckten Kosten entfallen in Deutschland auf ungesunde Ernährung, der Rest unter anderem auf Stickstoff und Treibhausgase. Die FAO zitiert eine von Greenpeace 2020 bei der Hamburger Beratungsgesellschaft Soil & More in Auftrag gegebene Studie, die externe Kosten der Rind- und Schweinefleischproduktion in Deutschland durch Treibhausgase, Wassernutzung und Landerosion berechnete.

Danach entsprachen die externen Kosten der Rindfleischproduktion 52 Prozent der damaligen Erzeugerpreise, für Schweinefleisch waren es 100 Prozent. Deutschland schneidet demnach aber deutlich besser ab als etwa Südamerika. Für den Konsum von Rindfleisch aus Argentinien betrügen die externen Kosten mehr als 370 Prozent des Erzeugerpreises, berichtete Soil & More.

Wenn die versteckten Kosten in die Lebensmittelpreise integriert würden, müssten laut FAO aber nicht zwingend überall die Preise steigen. Die relativen Preise könnten sich jedoch ändern: Stark transformierte Lebensmittel würden dann relativ teurer werden, während „gesunde“ Lebensmittel relativ billiger würden.

Die FAO plädiert für eine regelmäßige, detaillierte Analyse der „wahren“ Kosten der Agrar- und Nahrungsmittelsysteme durch Regierungen und den Privatsektor. „Die Zukunft unserer Agrar- und Ernährungssysteme hängt von unserer Bereitschaft ab, die wahren Kosten anzuerkennen und zu verstehen, welchen Beitrag wir leisten und welche Maßnahmen wir ergreifen müssen“, sagte der FAO-Generaldirektor QU Dongyu bei der Vorstellung des Berichts in Rom.

Komplexe Agrarsysteme in aller Welt

Der Bericht ist laut FAO der erste, der die Kosten bis auf die nationale Ebene aufschlüsselt und zwischen den Ländern vergleichbar macht. Das ist wegen der komplexen Agrarsysteme in aller Welt und der Unterschiede in der Produktion aber herausfordernd. So räumt die FAO etwa ein, dass sich durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln einerseits die Armut verringere, weil Produktivitätssteigerungen möglich seien, aber sich mit der Zeit die Umweltbedingungen verschlechtern könnten.

Darüber hinaus seien nicht alle Kosten – positive wie negative – materiell exakt zu beziffern. Im kommenden Jahr will die FAO eine detailliertere Bewertung der versteckten Kosten vorlegen und Empfehlungen für politische Interventionen geben, etwa Änderungen bei Steuern oder Subventionen.

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