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Saturday, July 15, 2023

"Impuls, es auszuspucken" - Der Sonntag - badische-zeitung.de

Der Sonntag Hohe Außentemperaturen wirken sich schnell auf die Haltbarkeit von Lebensmitteln aus. Warum Kühlen oberstes Gebot und wo besondere Vorsicht geboten ist, erklärt der Lebensmittelkontrolleur Benjamin Rheinheimer im Gespräch.

BZ: Herr Rheinheimer, wie vertragen sich Lebensmittel und Sommerhitze?
Eher nicht so gut, das wissen ja die meisten auch. Allerdings gibt es ein paar Produkte, die leicht verderblich sind, von denen uns das aber gar nicht so bewusst ist. Was mir spontan einfällt: Jeder will bei diesen Temperaturen Wassermelone haben. Doch kaum jemand weiß, dass Wassermelone ab dem Moment, in dem sie aufgeschnitten ist, kühlungspflichtig wird. Das sehen wir auch öfter in Supermärkten und kleinen Läden, wo angeschnittene Melonen ausliegen. Und es ist natürlich ein Klassiker beim Picknick. Doch bei Wassermelonen geht es ganz schnell, dass sie mikrobiologisch verderben.

BZ: Was heißt schnell in so einem Fall?
Das ist schwierig zu verallgemeinern, da spielen sehr unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Der pH-Wert des Produktes, der vom Reifegrad abhängt, die Ausgangstemperatur, die Außentemperatur und wie sauber das Messer war, mit dem ich gearbeitet habe, zum Beispiel. Wenn ich ein Messer nutze, das dreckig ist, kann ich davon ausgehen, dass ich viele Mikroorganismen wie Staphylokokken und Enterobakterien an die Wassermelone bringe. Dann kann das Lebensmittel innerhalb von drei Stunden schon mikrobiologisch so verändert sein, dass wir es als "zum Verzehr ungeeignet" bezeichnen würden. Das heißt, man kann davon Durchfall bekommen oder merkt, dass einem irgendwie bisschen komisch wird in Magen und Darm. Das ist meist keine richtige Lebensmittelvergiftung, wie sie im Sommer gerne mal durch Thunfisch vorkommt.

BZ: Wieso ausgerechnet Thunfisch?
Das ist ein beliebter Fisch, den man gerne für Salate bei Picknicken oder Büfetts verwendet. Bei Thunfisch ist es – wie bei anderen Fischprodukten auch – vor allem das Histamin, das uns gefährlich werden kann. Sobald wir eine Dose öffnen, kommt Sauerstoff an den Thunfisch. Aus dem zuerst nur wenig enthaltenen Histamin wird schnell mehr. So viel, dass es zu einem Histaminschock kommen kann, mit Ausschlag und Vergiftungserscheinungen. Wer eine Dose Thunfisch öffnet, sollte sie am gleichen Tag verbrauchen und durchgehend kühl lagern.


BZ: Das mit dem Kühlen versteht sich im Sommer eigentlich von selbst, oder?
Sollte man meinen, ja. Eine große Supermarktkette hat mal untersucht, wie viele Leute bei hohen Temperaturen mit Kühlbox einkaufen gehen – das ist leider nicht die Regel. Das Auto heizt sich enorm auf, und wenn ich dort kühlpflichtige Ware wie Milchprodukte oder mein Fleisch fürs Grillen reinlege, verdirbt die schnell. Deshalb ist es wichtig, das dann auf dem Grill unbedingt durchzugaren, sonst zieht man sich schnell eine Lebensmittelvergiftung zu.

BZ: Was sind noch kritische Komponenten auf meinem Büfett?
Frische Früchte, die man anschneidet. Die sind lecker und erfrischend, keine Frage, aber sie ziehen auch die Mikroben an. Trockene Backwaren sind meist ungefährlich, allerdings sollte man darauf achten, ob sie kritische Komponenten wie eine Puddingcreme enthalten. Reis ist schwierig, weil der bei der Zubereitung oft über mehrere Stunden warmgehalten wird, das ist ein gutes Milieu für Mikroben. Viele Leute wissen auch nicht, dass Erdbeeren, wenn sie die kaufen, noch nicht gewaschen worden sind, die kommen direkt vom Feld. Das hat einen Sinn, denn wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Erdbeeren schneller verderben, sobald man sie gereinigt hat. Das sollte ich für mein Büfett berücksichtigen. Und am besten die Erdbeeren mit Stiel hinstellen, sonst habe ich eine Öffnung, die wie eine Schnittfläche wirkt und das Verderben beschleunigt.

BZ: Wie sieht es aus bei Vesperboxen, die wir auf Wanderungen mitnehmen oder die den halben Tag im Schulranzen lagern?
Bei 30 Grad Celsius Außentemperatur wäre ich auf jeden Fall mit Wurstwaren vorsichtig. Wenn ich so etwas mitgebe, sollte das Brot recht bald am Vormittag gegessen werden. Salami ist etwas robuster als Lyoner, allerdings wird bei ihr das Fett schnell ranzig, das geht dann zulasten des Geschmacks. Das Mindesthaltbarkeitsdatum, das der Hersteller angibt, gilt immer nur, so lange die auf der Packung angegebene Temperatur eingehalten wird. Überschreiten wir die, weil wir die Kühlkette beim Einkauf nicht einhalten oder die Lebensmittel zu lange ungekühlt im Ranzen liegen, wird automatisch der Verderb beschleunigt.

BZ: Ist Käse ähnlich empfindlich wie Wurst?
Es geht vor allem um den Wassergehalt und den damit verbundenen ph-Wert. Je getrockneter der Käse ist, desto weniger Wasser enthält er und desto stabiler ist er. Hartkäse hält also in der Regel hohe Temperaturen besser aus als Camembert oder Frischkäse.

BZ: Woran erkenne ich, ob ein Lebensmittel zu viel Hitze abbekommen hat?
Wir sind da sensorisch ganz gut ausgestattet, so dass unser Körper meist von alleine reagiert, wenn etwas nicht mehr gut ist. Wenn etwas untypisch kribbelig oder bitter schmeckt, haben wir oft sofort den Impuls, es auszuspucken. Auch ein veränderter Geruch oder ein schmieriger Film auf der Wurst sind klare Anzeichen dafür, die Finger davon zu lassen.

BZ: Und die oberste Vermeidungsregel lautet kühlen?
Genau, das ist ja heutzutage auch kein Problem mehr. Es gibt allerlei technische Möglichkeiten, von Kühlboxen und -taschen bis zu Kühlakkus in Tupperboxen. Und wenn ich an den See fahre, nehme ich eine Tüte mit, wickle dort meine Lebensmittel ein und lege sie ins Wasser, da sind sie wenigstens ein paar Grad Celsius kühler.

Benjamin Rheinheimer leitet die Fachgruppe der Lebensmittelüberwachung des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald. Wenn er picknicken geht, nimmt er am liebsten einen kleinen Kugelgrill und eine Packung "Freiburger Lange Rote" mit. Allerdings ohne Zwiebeln.

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