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Tuesday, August 30, 2022

App verzeichnet starken Zuwachs: Inflation zwingt Menschen, "Lebensmittel zu retten" - n-tv NACHRICHTEN

Über die App "Too Good To Go" können Restaurants, Bäckereien, Supermärkte und Cafés überschüssiges Essen zu einem vergünstigten Preis an Selbstabholer anbieten. Die Kunden bestellen über eine App und können ihre Portion in einem angegebenen Zeitfenster im Laden abholen. Während die Preise für Lebensmittel steigen, müssen im Supermarkt immer mehr Menschen auf jeden Cent achten. Im Interview mit ntv.de erzählt Geschäftsführer Hennen, welche Auswirkungen die Inflation auf das Geschäftsmodell hat.

ntv.de: Im Supermarkt müssen die Menschen immer tiefer in die Tasche greifen. Mit "Too Good To Go" können Verbraucher reduzierte Lebensmittel kaufen, die sonst im Müll landen würden. Beflügelt die Inflation gerade das Geschäftsmodell?

Wolfgang Hennen: Unser Geschäftsmodell ist eine Win-Win-Situation. Wenn nicht sogar eine Win-Win-Win-Situation. Unsere Partnerbetriebe können Lebensmittel, die sie sonst weggeworfen hätten, noch verkaufen, und der Kunde bekommt deutlich reduzierte Ware, die qualitativ vollkommen in Ordnung ist, und die Umwelt profitiert auch davon. Das war schon immer die Stärke unseres Geschäftsmodells. Was wir tatsächlich feststellen, ist, dass durch die Inflation das Thema Lebensmittelverschwendung auf allen Seiten noch mehr in den Fokus rückt. Sowohl die Betriebe als auch die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen jetzt noch mehr als zuvor auf ihre Kosten achten. Wir verzeichnen durchaus ein gestiegenes Interesse, Lebensmittel zu retten.

Sie beobachten also eine höhere Nutzerzahl, seitdem die Lebensmittelpreise gestiegen sind?

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Wolfgang Hennen ist Geschäftsführer bei "Too Good To Go".

Wir haben schon immer ein sehr starkes Wachstum gehabt. In diesem Jahr sind wir innerhalb der ersten sechs Monate von täglich 20.000 geretteten Mahlzeiten auf 30.000 Mahlzeiten gestiegen. Das Wachstum ist damit stärker als im vergangenen Jahr. Das lässt sich wahrscheinlich einerseits in der Tat auf die Inflation zurückführen, andererseits aber auch darauf, dass das Bewusstsein für Lebensmittelverschwendung und den Klimawandel generell steigt.

Einige Partner nutzen "Too Good To Go" mutmaßlich für zusätzliche Kundschaft und nicht für die Abgabe übrig gebliebener Lebensmittel. Ärgert Sie das?

Wir sind mit unseren Vertragspartnern regelmäßig im Kontakt und beobachten das. Natürlich wollen wir Lebensmittel retten, die sonst in der Tonne landen würden. Wir würden das aber feststellen, wenn die Mengen exorbitant hoch wären im Vergleich zum Rest des Segmentes. Das haben wir bisher aber nicht.

Was entgegnen Sie Kritikern, die sagen, "Too Good To Go" bekämpft nur die Symptome der Lebensmittelüberproduktion?

Das System an sich ist sehr ineffizient. Ein Drittel der produzierten Lebensmittel wird entlang der gesamten Wertschöpfungskette verschwendet. Die Symptome sind vielfältig. Wir sind mit den unterschiedlichsten Teilnehmern in Kontakt. Zum Beispiel entsteht über die Hälfte der Lebensmittelverschwendung in den Haushalten - im eigenen Kühlschrank. Mithilfe von Kampagnen wie "Oft länger gut" sensibilisieren wir die Verbraucherinnen und Verbraucher. Außerdem sind wir mit Produzenten und politischen Parteien in Kontakt, um die Gesetzgebung zu verändern. Wir sehen uns als Impact-Unternehmen und unsere Mission ist es, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren, wo auch immer sie entsteht.

Das Geschäftsmodell funktioniert über eine Provision. Wenn die Preise für Lebensmittel steigen, wird dann auch die Provision steigen?

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In Deutschland nutzen inzwischen 16.000 Restaurants, Cafés und Supermärkte in 900 Städten "Too Good To Go".

(Foto: IMAGO/Rüdiger Wölk)

Der Partnerbetrieb entscheidet selber, was er für welchen Warenwert anbietet. Meistens liegt dieser bei rund zwölf Euro. Was wir empfehlen, ist, dass die Betriebe ihre Ware zu 30 Prozent ihres ursprünglichen Wertes verkaufen. Bei diesem Rechenbeispiel bekommt der Betrieb 3 Euro, der Kunde erhält Ware 30 Prozent billiger, und wir bekommen rund 1 Euro. Davon unterhalten wir die Technik, denn die ist für alle Teilnehmer kostenfrei, und investieren in Aufklärungskampagnen. Die Preisentwicklung beobachten wir natürlich auch. Von den aktuellen Preissteigerungen ist unser Geschäftsmodell allerdings fast gar nicht betroffen, weil wir kaum Energie- oder Transportkosten haben.

Ihr Unternehmen will bis Ende 2022 in die schwarzen Zahlen kommen. Wie steht es um die Pläne?

Um die Pläne steht es sehr gut.

Welche Rolle spielt die Inflation dabei? Wenn die Menschen aufgrund von gestiegenen Lebensmittelpreisen die App von "Too Good To Go" entdecken, profitieren Sie davon?

Ich formuliere es mal so: Wenn wir das zusätzliche Wachstum, das wir jetzt gerade sehen, nicht hätten, wären wir trotzdem gegen Ende des Jahres in den schwarzen Zahlen.

Mit Wolfgang Hennen sprach Juliane Kipper

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