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von Tim Schäfer, Euro am Sonntag
Amerikaner lieben Fleisch. Traditionell steht das Barbecue am Wochenende mit Steaks und Burgern bei vielen ganz oben auf der Speisekarte. Jüngst jedoch füllt Vegetarisches immer mehr Teller. Beyond Meat, größter Hersteller von pflanzenbasiertem Fleisch, Burger und Wurst der USA, verkaufte 2020 bereits 73 Millionen Pfund seiner Waren - ein Rekord, der dieses Jahr fallen dürfte. Immer mehr Supermärkte nehmen die Produkte ins Kühlregal, Fast-Food-Ketten wie McDonald’s, Panda Express oder Pizza Hut setzen auch auf die grüne Karte und ergänzen ihre Menüs ums Gemüsige.
Die Sorge vieler Menschen um das Tierwohl und vor allem der Klimaschutz kurbeln den Absatz an. Pflanzenbasierte Ernährung gilt als schonender für die Umwelt, weil sie weniger Ressourcen verbraucht. Und sie soll gesünder sein. Manche Kritiker halten jedoch die hochindustriellen Imitate von Fleisch für bedenklich. Schließlich stecken in den meisten Fleischalternativen reichlich Salz und gesättigte Fettsäuren etwa aus Kokosöl. In einer Studie verglich deshalb jüngst das Stanford Prevention Research Center den Verzehr von Beyond-Meat-Burgern mit echten Fleischburgern. Mehr als 30 Probanden machten acht Wochen mit. Auch die Veggie-Burger trügen zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei, so Studienleiter Professor Christopher Gardner. Unterm Strich aber seien sie dennoch gesünder.
Seit seiner Schulzeit ist Ethan Brown Vegetarier. Er gründete Beyond Meat 2009. Ausgerechnet US-Fleischriese Tyson Foods war einer der Mitgründer. Doch der Konzern aus Arkansas hat die Beteiligung von 6,5 Prozent inzwischen verkauft. Tyson Foods ist mit geschätzt 47 Milliarden Dollar Umsatz 2021 einer der Größten in der globalen Fleischindustrie, die 1,4 Billionen Dollar pro Jahr umsetzt.
Das Unternehmen kämpft gegenwärtig mit stark steigenden Preisen für Futtermittel, Transport, Verpackung und auch anziehenden Löhne. Die Fleischindustrie wurde besonders stark von Wetterkatastrophen und einem Cyberangriff belastet. Vorübergehend mussten nach Corona-Infektionen auch Schlachthöfe schließen. Weil es zudem schwierig ist, Stellen zu besetzen, erhöhte Tyson zuletzt den Stundenlohn auf durchschnittlich 22 Dollar und gewährt nun auch Krankenversicherungen.
100 Jahre Tradition
Tyson verkauft Hühnchen-, Rind- und Schweinefleisch sowie Fertiggerichte. Der Goliath versorgt Amerika seit über einem Jahrhundert. Zum Sortiment gehören die beliebten "Jimmy Dean"-Würste oder "Ball Park"-Hotdogs. Tyson beliefert Ketten wie McDonald’s, Burger King oder KFC. Auch die Supermarktriesen Walmart oder Kroger sind Abnehmer.
Beyond-Meat-Gründer Brown träumt davon, einmal so groß zu sein wie Tyson, das 139.000 Vollzeitkräfte hat. Noch ist der Emporkömmling mit seinen 700 Mitarbeitern dagegen ein Zwerg. Das Wachstum ist indes beeindruckend: Analysten erwarten künftig Zuwächse zwischen 30 und 50 Prozent pro Jahr.
Trotz roter Zahlen liebt die Wall Street den Hoffnungsträger. Der Börsenwert entspricht etwa dem 14-Fachen des Umsatzes. Tyson ist dagegen mit dem 0,6-Fachen spottbillig, obwohl der Goliath mit schmackhafter Dividendenrendite lockt.
Zuletzt fielen viele der Lebensmittelriesen bei Börsianern in Ungnade, denn ihre Bilanzen wollten nicht so recht munden. Im US-Index S&P 500 zählen auf Sicht von zwölf Monaten die Lebensmittelriesen zu den Schlusslichtern, die Kurse haben zwischen zehn und 20 Prozent eingebüßt. Ein Grund für das Schlachtfest: Auf dem Höhepunkt der Pandemie im Frühjahr 2020 kauften Konsumenten panikartig Vorräte. Die Lebensmittelfabrikanten kamen kaum mit der Produktion nach. Ein gutes Jahr später lässt nun die hohe Vergleichsbasis die Quartalszahlen fad erscheinen. Zudem steigen die Preise für Zutaten wie Fleisch, Getreide oder Gemüse. Markenanbieter sind dabei aber meist in der Lage, die Belastung an die Verbraucher zeitversetzt weiterzureichen.
Anleger können in der Branche Schnäppchen finden: Der US-Traditionskonzern Conagra Brands etwa schwimmt bereits auf der Fleischloswelle mit. Der Produzent von Soßen, Tomatendosen und Tiefkühlkost, gegründet 1919, ist mit seiner veganen Marke Gardein erfolgreich. Gefrorene fleischlose Hähnchenburger oder Klöpse aus Pflanzenfasern sind der Verkaufsschlager, ebenso vegane Suppen. Auch Dividendenfans kommen hier auf ihre Kosten.
Starker Proteinmarkt
Insbesondere aber die geringe Bewertung von Tyson Foods ist erstaunlich, denn der Konzern wächst und gedeiht und konnte zuletzt mit guten Ergebnissen glänzen. Umsatz und Gewinn übertrafen im jüngsten Quartal die Erwartungen. "Wir haben in einem starken Proteinmarkt eine starke Leistung erbracht", freute sich Chef Donnie King anlässlich der Zahlenvorlage am 9. August. "Wir haben in zwölf aufeinanderfolgenden Quartalen Marktanteile in unseren Kernsegmenten im Einzelhandel gewonnen."
Der US-Marktführer legt Wert auf Innovationen und vertreibt unter seiner pflanzenbasierten Marke Raised & Rooted bereits vegetarische Burger oder Würstchen. Der hauseigene Risikokapitalfonds Tyson Ventures widmet sich schwerpunktmäßig einem Thema: Fleischersatz. Anfang 2018 investierte Tyson hier in zwei Start-ups, die sich auf Fleisch aus Zellkulturen spezialisiert haben.
Es gilt auch, den Ruf aufzupeppen, der durch einige Skandale gelitten hat. In der Pandemie gab es große Corona-Ausbrüche in der Belegschaft und Standortschließungen, derzeit laufen Klagen wegen Preisabsprachen bei Hühnerfleisch.
Beyond Meat forscht derweil, was das Zeug hält. Patente für Beyond Eier, Beyond Thunfisch und Beyond Milch sind angemeldet. Gründer Brown weiß: Vegetarisches bleibt gefragt.
INVESTOR-INFO
Starke Marken und hohe Cashflows sprechen für den US-Marktführer. Steaks, Hotdogs, Speck, Geflügel schneiden bislang gut ab, was immer die Konjunktur auch macht. Im dritten Quartal des Geschäftsjahres kletterte der Umsatz von zehn auf 12,5 Milliarden Dollar, Analysten hatten bloß mit 11,5 Milliarden gerechnet. Der Überschuss erhöhte sich von 526 auf 749 Millionen Dollar, auch das lag klar über den Erwartungen der Wall Street. Der Vorstand baut eigene pflanzenbasierte Marken auf. Solides Value-Papier.
Der Fleischersatzhersteller baute den Umsatz im zweiten Quartal um 31,8 Prozent auf 149 Millionen Dollar aus. International lief es besonders gut. Der Verlust hat sich von 10,2 auf 19,7 Millionen Dollar fast verdoppelt. Das liegt auch an hohen Forschungsausgaben. Im Börsenwert von 7,6 Milliarden Dollar (bei erwarteten 550 Millionen Dollar Jahresumsatz) sind viele Vorschusslorbeeren enthalten. Noch kaum Substanz, viel Hoffnung. Riskant.
Der Lebensmittelriese aus Chicago verfügt über einige der bekanntesten Tiefkühlkostmarken in den USA. Die Fertiggerichte kamen in der Pandemie gut an, der Foodservice aber, der Restaurants und Großküchen beliefert, schrumpfte stark. Der Vorstand will das Wachstum steigern, die eigene vegane Marke Gardein soll helfen. Im Geschäftsjahr zum Ende Mai stieg der Überschuss von 840 Millionen auf 1,3 Milliarden Dollar. Nachholpotenzial und leckere Dividendenrendite.
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Bildquellen: Beyond Meat, Dean Belcher/Getty Images
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