Die Inflation macht auch bei Lebensmitteln nicht halt. Bio-Lebensmittel sind jedoch preisstabiler als ihre konventionellen Alternativen. Inflationsdämpfend wirken hier regional ausgerichtete Wertschöpfungsketten und ressourcenschonende Kreisläufe im Ökolandbau.
Leicht gebremste Bio-Nachfrage
Vor allem während der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln gewachsen. Laut BÖLW (2023) gaben im Jahr 2022 deutsche Haushalte 15,3 Milliarden Euro für Bio-Lebensmittel und -Getränke aus. Das waren knapp 4 Prozent weniger als im Vorjahr, aber 25 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Einzig der Lebensmitteleinzelhandel konnte im Jahr 2022 seine Bio-Umsätze im Vergleich zum Vorjahr um 3 Prozent steigern und ist mittlerweile für zwei Drittel der Bio-Umsätze verantwortlich.
Bio-Lebensmittel weiterhin eine Nische
Dennoch handelt es sich bei Bio-Lebensmitteln nach wie vor um eine Marktnische, denn der Anteil von Bio-Produkten am gesamten Lebensmittelmarkt beträgt bisher nur 7 Prozent (BÖLW, 2023). Auch in Umfragen zu Konsum und Kaufbereitschaft zeigt sich, dass Bio-Produkte nach wie vor eher Nischenprodukte sind. Lediglich 3 Prozent griffen im Jahr 2022 in der Umfrage von BMUV/UBA (2023) immer zu Lebensmitteln aus kontrolliert-biologischem Anbau. Bei gut zwei Fünfteln kamen (sehr) oft Bio-Lebensmittel in den Einkaufskorb. Gut 30 Prozent griffen nur gelegentlich, 15 Prozent selten und 5 Prozent gar nicht dazu. Auch bei einer Umfrage des BMEL (2023) machen die Bio-Verweigerer noch 15 Prozent und die überzeugten Bio-Käufer nur 3 Prozent aus. Ob jemand zu konventionell produzierten Lebensmitteln oder doch zur Bio-Variante greift, hängt von soziodemografischen Kriterien ab. Der Anteil der Bio-Käufer ist größer bei höheren Einkommensklassen und höherem Bildungsniveau (BMUV/UBA, 2023). Doch auch die Ansichten und Lebenseinstellungen beeinflussen das Kaufverhalten. So zeigen Neligan/Eyerund (2017), dass sich die echten Bio-Fans – die überwiegend bis ausschließlich so einkaufen – vor allem in kritisch-kreativen Milieus befinden.
Als wichtigster oder zweitwichtigster Aspekt werden in der Umfrage des BMEL (2023) für den Einkauf von Bio-Lebensmitteln eine artgerechte Tierhaltung (54 Prozent) und gesunde Lebensmittel (44 Prozent) genannt. Bei jeweils einem Viertel der Bio-Kaufenden sind es faire Bedingungen bei Produktion und Handel sowie der Klimaschutz, die im Vordergrund stehen. Dann folgt der Geschmack mit 21 Prozent.
Populäre Bio-Lebensmittel
Gemessen an der Kaufhäufigkeit ist die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln laut der Befragung des BMEL (2023) bei Eiern sowie Gemüse und Obst am größten. Jeweils ein Drittel gibt an, Eier ausschließlich oder häufig in Bio-Qualität zu kaufen. Bei Gemüse und Obst sind es 14 Prozent, die es ausschließlich und 48 Prozent, die es häufig machen. Danach folgen Kartoffeln, Milchprodukte, Fleisch- oder Wurstwaren.
Besonders beliebt sind Bio-Produkte gemessen an der gesamten Verkaufsmenge bei Pflanzendrinks (61 Prozent), Fleischersatz (26 Prozent) und Eiern (16 Prozent). Danach folgen Mehl (15 Prozent), Milch (13 Prozent), Speiseöl (11 Prozent) und Frischgemüse (10 Prozent) (BÖLW, 2023).
Bio-Lebensmittel haben ihren Preis
Konsumenten müssen für Bio-Lebensmittel in der Regel tiefer in die Tasche greifen als für konventionell hergestellte Lebensmittel. Dies zeigt auch eine Analyse ausgewählter Lebensmittel auf Basis von Preisdaten zwischen dem ersten Quartal 2022 und dem zweiten Quartal 2023 der Preisvergleichs-App smhaggle, die sowohl reguläre als auch Angebotspreise enthält. Genutzt wird die App monatlich von etwa 150.000 Konsumenten. Berücksichtigt werden hier tagesaktuelle Kassenbons sowie Angebotsprospekte, Websites und Datenlieferungen der Anbieter. In dem betrachteten Zeitraum sind 3,75 Millionen Kassenbons und mehr als 50 Millionen Einzelpreise berücksichtigt worden. Alle Preise der betrachteten Produkte wurden in vergleichbare Stück-/Kilo-/Literpreise umgerechnet. Beim Vergleich bestimmter Hafermilch-, Milch- und Butterprodukte handelte es sich um Markenprodukte. Bei Weizenmehl, Emmentaler, Joghurt, Geflügel-Salami, Hackfleisch und dem Rapsöl sind es Eigenmarken.
Betrachtet man aktuelle Durchschnittspreise für ausgewählte Bio-Produkte im Vergleich zu einem konventionellen Counterpart für das zweite Quartal 2023 zeigt sich, dass die meisten Bio-Produkte teurer waren als vergleichbare konventionell hergestellte Produkte. Besonders hoch war der Bio-Aufpreis bei Geflügel-Salami (+220 Prozent), Salatgurken (+102 Prozent), Hackfleisch (+50 Prozent), Joghurt (+40 Prozent), Emmentaler (+36 Prozent), Butter (+31 Prozent) und Weizenmehl (+20 Prozent). Bei einigen Produkten gab es Ausnahmen. Bis vor kurzem musste man für das analysierte Bio-Rapsöl mehr als für das konventionell hergestellte Erzeugnis zahlen, aber der Preisaufschlag für Bio ist immer geringer geworden. Kostete der Liter Bio-Rapsöl im zweiten Quartal des Vorjahres noch ein Euro mehr, ist diese Differenz zu konventionellem Rapsöl gesunken und Bio-Rapsöl ist aktuell sogar günstiger. Ein Liter konventionelles Rapsöl als Eigenmarke kostete im zweiten Jahresviertel 2023 durchschnittlich 3,78 Euro – ein vergleichbares Bio-Rapsöl war 8 Cent günstiger. Bei Haferdrinks gab es keine Preisunterschiede je nach Herstellungsart. Hinzugefügt werden muss aber, dass es seit Anfang 2022 bei einigen Lebensmitteln wie Butter, Mehl und Gurken erhebliche Preisschwankungen gab. Beispielsweise war Bio-Butter im letzten Jahr im zweiten und dritten Quartal günstiger als konventionell hergestellte Butter. Anfang und Ende 2022 gab es auch keine Preisunterschiede zwischen Bio- und Nicht-Bio-Salatgurken.
Bio-Lebensmittel aber preisstabiler
Steigende Inflationsraten in Deutschland machen auch nicht vor Lebensmitteln halt und die Frage ist, ob sich Konsumenten die teuren Bio-Produkte noch leisten können. Eine Umfrage unter Nutzenden der Epap-App aus dem September 2022 zeigt, dass gut zwei Fünftel der Befragten weniger Bio-Produkte und jeder zweite Befragte genauso viel wie vor 2 Monaten gekauft hatten. Gleichzeitig akzeptiert die Mehrheit der Befragten höhere Preise für nachhaltige Produkte (epap, 2022).
Dabei haben sich die Preise für die analysierten Bio-Lebensmittel häufig langsamer als ihre konventionellen Alternativen erhöht (Abbildung). Zwischen dem ersten Quartal 2022 und dem zweiten Quartal 2023 sind die Preise für konventionelle Produkte von Weizenmehl (+76 Prozent), Joghurt (+55 Prozent), Emmentaler (+42 Prozent), Hackfleisch (+33 Prozent), Vollmilch und Geflügel-Salami (+29 Prozent) sowie für Rapsöl (+27 Prozent) mehr gestiegen als bei den Bio-Alternativen. Das untersuchte konventionelle Weizenmehl hatte in 2022 im ersten Dreivierteljahr im Mittel einen Kilopreis von 0,45 Euro. Seit Ende des Vorjahres liegt der Mehlpreis pro Kilo bei durchschnittlich 0,79 Euro bei der analysierten Eigenmarke. Bei diesem Preis startete das betrachtete Bio-Weizenmehl Anfang 2022 mit einem Höhepunkt bei 1,19 Euro in der zweiten Jahreshälfte und hat sich seit Anfang dieses Jahres bei 0,95 Euro stabilisiert.
Nur bei der Butter und Salatgurke sah man in den sechs Quartalen ein deutlich stärkerer Rückgang der Preise von konventionellen Produkten. Während die analysierte konventionelle Markenbutter (250g) Anfang 2022 noch 2,89 Euro kostete und der Preis im Jahresverlauf auf 3,39 Euro anstieg, war der Preis im Mittelwert mittlerweile wieder 2,59 Euro im zweiten Quartal des aktuellen Jahres. Im Vergleich: Der durchschnittliche Preis für ein 250g-Stück der Bio-Markenbutter betrug im zweiten Quartal dieses Jahres 3,39 Euro.
Bio ist kreislauforientiert und regional
Der ökologische Landbau basiert auf einer Kreislaufwirtschaft, indem die eigenen Ressourcen für den Pflanzenbau und die Tierhaltung in einem möglichst geschlossenen Betriebskreislauf bleiben (Ökolandbau, 2023). Das hat seinen Preis: Eine artgerechte Tierhaltung, umweltschonende Anbaumethoden und Betriebskontrollen sorgen häufig für Mehrkosten (UBA, 2023). Gleichzeitig macht es die Öko-Betriebe unabhängiger von den aktuellen Krisen und schont dabei auch das Klima. Regional ausgerichtete Wertschöpfungsketten sorgen nicht nur für kürzere Transportwege, sondern auch für stabilere Preise. Die Bundesregierung plant, 30 Prozent der Fläche bis 2030 auf Öko umzustellen. Dafür müssten aber deutlich mehr Landwirtschaftsbetriebe auf Bio setzen. Diese Flächen wachsen, machen jedoch bislang nur 11 Prozent aus (BÖLW, 2023).
Inflationsdämpfer Bio-Lebensmittel - Institut der deutschen Wirtschaft
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