Circa 11 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle werden in Deutschland jedes Jahr entsorgt. So lautet die Einschätzung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Dabei könnte ein Teil davon noch bedenkenlos gegessen werden. Diese Verschwendung belastet die Umwelt. Denn die Produktion von Lebensmitteln verbraucht viel CO2 - vor allem bei tierieschen Produkten.
Wer Lebensmittel vor dem Mülleimer rettet, hilft also dem Klima. Doch wie einfach lässt sich das umsetzten? Um das zu testen, hat Sächsische.de-Reporterin Angelina Sortino versucht, einen Tag lang nur gerettete Lebensmittel zu essen. Ein Selbstversuch.
Backwaren retten mit TooGoodToGo
Ein Grund für Lebensmittelverschwendung ist, dass Restaurants und Bäcker übrig gebliebene Lebensmittel abends oft wegwerfen müssen. Das dänische Unternehmen TooGoodToGo möchte das mithilfe einer App verhindern. Diese dient als Vermittler zwischen Geschäften und Restaurants, die Lebensmittel übrig haben, und Menschen, die diese gerne retten möchten.
Ich verwende die App für meinen Selbstversuch zum ersten Mal. Mein Plan ist, mir bereits am Vorabend des Tests bei einem Bäcker ein Frühstück zu sichern. Denn wenn ich hungrig in den Tag starte, werde ich zickig. Das will ich niemandem zumuten.
Für mein Frühstück musste ich mir bereits morgens eine sogenannte Überraschungsbox reservieren. Denn viele der Angebote sind schnell ausverkauft.
Für Dresden zeigt mir TooGoodToGo eine große Zahl an Optionen für mein Vorhaben an. Ich entscheide mich für eine Sternbäckfiliale auf der Räcknitzhöhe. Ich bezahle 4,50 Euro und erhalte einen Code, mit dem ich mir meine Bestellung ab 18.30 Uhr abholen kann.
Ich bin positiv überrascht von dem Inhalt. Denn in meiner Tüte befinden sich ein halbes Brot, mehrere Brötchen und süße Teilchen sowie zwei mit Käse belegte Brote. Das ist viel mehr, als ich für ein Frühstück brauche. Mir reicht erstmal eines der Käsebrote und ein Spritzring. Laut App hat meine Box einen Warenwert von 13 Euro, was mir realistisch erscheint.
Fairteilerboxen gegen Verschwendung
Doch 59 Prozent (6,5 Mio. Tonnen) der Lebensmittelabfälle in Deutschland werden in privaten Haushalten weggeworfen. Um diese Art von Lebensmittelverschwendung zu verringern, haben verschiedene Einrichtungen in Dresden sogenannte Fairteiler eingerichtet. Das sind Boxen oder Kühlschränke, in denen übriggebliebene Lebensmittel abgelegt und von anderen kostenlos mitgenommen werden können.
Auf der Seite Foodsharing.de gibt es eine Karte, auf der alle Boxen eingezeichnet sind. In der Nähe meiner Wohnung und meines Büros befinden sich mehrere dieser Boxen. Dort schaue ich sowohl am Tag meines Selbsttests als auch schon am Tag davor mehrmals vorbei, allerdings sind die Boxen immer leer.
Foodsharing Gruppen auf Telegram und Facebook
Auf der Webseite Foodsharing-dresden.de finde ich jedoch eine Liste mit Facebook- und Telegram-Gruppen, in denen Privatpersonen Lebensmittel anbieten können, die sie nicht selbst verbrauchen können. Dort wird in der Regel auch Bescheid gegeben, wenn jemand einen der Fairteiler befüllt hat. Am Tag meines Testversuches ist das jedoch nur bei Boxen in weiter entfernten Stadtteilen der Fall.
Ich entscheide mich deshalb dafür, das Angebot von zwei Nutzern anzunehmen, übrig gebliebene Lebensmittel bei ihnen zu Hause abzuholen. Denn beide wohnen ganz in meiner Nähe. Von einem der Männer erhalte ich einen Jogurt und Semmelbrösel, der andere stattet mich mit reichlich Gemüse und ein bisschen Obst aus. Das sieht bereits etwas mitgenommen aus. Allerdings könnte der Pack Choi mit den braunen Stellen nach meiner Fahrt durch den Regen auch das Gleiche über mich sagen. Wir einigen uns also darauf, dass die inneren Werte zählen.
Damit habe ich definitiv genug Lebensmittel, um auch den Rest des Tages keinen Hunger leiden zu müssen. Zum Mittagessen koche ich mir eine große Gemüsepfanne, über die ich die gerösteten Semmelbrösel streue. Dazu gibt es ein Brötchen aus meiner Überraschungstüte. Nachmittags gönne ich mir eine Apfeltasche und Abends gibt es den Rest der Gemüsepfanne, ein Käsebrot und Obst mit Jogurt zum Nachtisch.
Fazit: Foodsharing lohnt sich für alle
Um einen ganzen Tag nur gerettete Lebensmittel essen zu können, musste ich einen ganz schönen Aufwand betreiben und viele Stationen anfahren - natürlich nicht mit dem Auto. Keine Sorge! Es geht hier ja um die Umwelt.
Geklappt hat es jedoch, und satt geworden bin ich auch. Außerdem habe ich an dem Tag nur 4,50 Euro für meine Ernährung ausgegeben und hatte sogar noch ein bisschen Brot für den nächsten Tag übrig.
Am besten hat mir an meinem Selbstversuch jedoch das gute Gewissen gefallen. Das hat man beim Verspeisen einer Gemüsepfanne zwar ohnehin. Aber wenn man den Brokkoli auf der Gabel vor dem Müll gerettet hat, steigert es sich nochmal deutlich.
Denn beim Foodsharing sollte es nicht darum gehen, möglichst keine Lebensmittel mehr kaufen zu müssen oder Geld zu sparen, sondern darum, Essen vor der Tonne zu retten. Das klappt sowohl mit ToGoodToGo, als auch mit den Fairteilern und den Foodsharing Gruppen gut. Vor allem letzteres will ich in Zukunft gerne öfter nutzen.
Foodsharing in Dresden: Einen Tag lang nur gerettete Lebensmittel essen - geht das? - Sächsische.de
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