Foodsharing-Gruppe hat schon 100 Mitglieder / Keine Konkurrenz zur Tafel
FRIEDRICHSDORF - Es ist Ziel der Foodsharer, sich selbst abzuschaffen. Sie wollen die Verbraucher so für den Umgang mit Lebensmitteln sensibilisieren, dass sie im Supermarkt auch mal zur krummen Gurke greifen, und lernen, aus überreifen Bananen oder Tomaten, aus trockenem Brot und Apfelsinen, in deren Netz nur eine leicht angefault ist, einen Kuchen oder eine ganze Mahlzeit zu zaubern.
Anna Fingerle, die zusammen mit Robert Schaich die Foodsharer Friedrichsdorf/Rosbach organisiert, kocht leckere Marmeladen oder Chutneys, und Karin Rupp aus Karben, ebenfalls Lebensmittelteilerin, hat Omas alte Rezepte neu entdeckt. Semmelknödel aus harten Brötchen und ihr Rotkraut kocht sie wieder selbst. Die beiden wünschen sich, „dass unsere Regierung verbietet, Lebensmittel wegzuwerfen, wie es in Frankreich schon ist“, betont Karin Rupp.
Foodsharing bringt Lebensmittel, die keine Chance auf dem Markt haben, an die Verbraucher. Kostenlos, ohne Prüfung von Bedürftigkeit und ohne Konkurrenz zu den Tafeln. Das ist Anna Fingerle wichtig. „Wir holen nur an den Tagen ab, an denen die Tafel-Mitarbeiter nicht unterwegs sind, aber auch am Wochenende.“ Und nur Waren, die das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht oder überschritten haben. Die Tafeln verteilen an Kunden, die ein geringes Einkommen nachweisen müssen, was noch ein paar Tage haltbar ist und nehmen als Zeichen der Wertschätzung einen geringen Obolus. Sie sichern Menschen mit geringem Einkommen den Lebensunterhalt. Lebensmittel-Retter haben einen anderen Fokus: „Uns geht es darum, dass keine Lebensmittel in der Tonne landen, und andere mit hohem Einsatz an Energie nachproduziert werden müssen“, sagt Anna Fingerle. Sie habe die Zeit, Plastikfolien und faule Blätter zu entfernen, um noch Brauchbares zu nutzen. Das sei bei den Tafel-Mitarbeiter nicht so. Solche Waren geben die Tafeln an die Foodsharer weiter.
Die Gruppe Friedrichsdorf/Rosbach zählt rund 100 Foodsaver, also Ehrenamtliche, die Abgelaufenes abholen, und etwa die gleiche Zahl an Foodsharern, die den Service nutzen. „Beides überschneidet sich aber auch“, fügt Werner Fingerle an. Kommuniziert werde schnell und unkompliziert per Whats-App-Gruppe, in welche die Abholer die geretteten Waren einstellen. So wurden kürzlich 300 Milchbrötchen ruck-zuck an die Verbraucher gebracht.
Zu den Lieferanten gehören eine Pizzeria und ein Hotel, die kurzfristig anrufen, wenn Waren übrigbleiben. „Wir kommen auch abends und sonntags.“ Sogar am Heiligen Abend waren sie in Aktion, als ein Hotel zu viele Lebensmittel eingekauft und jede Menge übrighatte. „Am ersten Feiertag war alles verteilt“, so Fingerle.
Je nachdem, ob der Partner ein Lebensmittelmarkt, ein kleiner Einzelhändler oder ein Bäcker ist, kommen ganze Wagenladungen oder nur kleine Körbe zusammen. Kühlwaren kommen in entsprechende Taschen, damit die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Die Mitarbeitenden werden regelmäßig geschult, auch in Sachen Hygiene. Sie selbst hat in ihrem ehemaligen Massageraum im Keller zwei Kühlschränke aufgestellt, aber sie sind selten voll, weil die Waren meist schnell wieder weg sind. „Unsere Kunden nehmen, was gerade da ist“, berichtet Fingerle.
Die örtlichen Grenzen seien nicht streng aufgeteilt, um Waren auf dem kürzesten Weg abholen zu können - am besten mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Karin Rupp wohnt in Karben und verteilt die eingesammelten Lebensmittel gleich auf dem Rückweg an Rentner, von denen sie weiß, dass ihr Einkommen nur knapp über der Bedürftigkeitsgrenze liegt, und an eine Seniorin, die nicht selbst einkaufen gehen kann. „Ich weiß schon, was ich an wen weitergeben kann.“
Wie bei Anna Fingerle und ihrem Mann, deren Kinder und Enkel ebenfalls Lebensmittel teilen, ist auch bei ihr der Sohn mit im Boot und bekommt etwas ab. Was sich gar nicht mehr dazu eignet, als Mahlzeit zubereitet zu werden - darüber freuen sich die Mufflons, Schafe und Ziegen im Tierpark Alte Ziegelei in Rodheim.
Kontakt zu der Foodsharing-Gruppe Friedrichsdorf/Rosbach kann per Mail über die Adresse: friedrichsdorf@ foodsharing.network hergestellt werden.
Die Lebensmittel-Retterinnen - fr.de
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