Mit einer großangelegten Kampagne wollen Brandenburger Unternehmen der Ernährungswirtschaft Verbraucher zum Kauf regionaler Lebensmittel animieren. Angesichts der zweistelligen Inflation sparten immer mehr Verbraucher beim Einkauf, sagte Hanka Mittelstädt von der Regional-Vereinigung pro agro am Montag. Für die regionale Ernährungswirtschaft bedeute dies derzeit ein Absatzrückgang von 20 bis 30 Prozent. Gleichzeitig gebe es für die Erzeuger explodierende Energiekosten und höhere Personalkosten, die sie nicht über höhere Preise an die Verbraucher weitergeben könnten.

In ihrem eigenen Unternehmen Ucker-Ei sei der Absatz um 20 Prozent auf 100.000 Eier pro Woche eingebrochen, rechnete Mittelstädt vor. Gleichzeitig rechne sie für das kommende Jahr mit 400.000 Euro Mehrkosten. «Wir stehen mit dem Rücken zur Wand», sagte Mittelstädt. Der Chef der Großbäckerei Exner, Tobis Exner, registriert eine Verzehnfachung der Energiepreise und einen Anstieg bei den Kosten für die Rohstoffe um 400 Prozent. «Aber ich kann doch kein Brötchen für 2 Euro anbieten, dann kauft niemand mehr.»

Angesichts gestiegener Preise griffen Verbraucher im Supermarkt zunehmend zu preiswerteren Eigenmarken, sagte der Geschäftsführer der Eberswalder Gruppe für Fleisch- und Wurstwaren, Sebastian Kühn. Er befürchtet, dass mehr als die Hälfte der regionalen Unternehmen die kommenden zwei Jahre nicht übersteht. «Dann brechen die Strukturen der regionalen Lebensmittelerzeugung weg, die wir 30 Jahre lang aufgebaut haben», warnte Kühn. «Wir müssen erreichen, dass der Handel an unseren Produkten nicht vorbeikommt, weil der Verbraucher sie nachfragt.»

Vier Wochen lang soll die Kampagne «Regionale Lebensmittel einkaufen - jetzt erst recht!» unter anderem mit Radiospots und Informationen im Internet Verbraucher erreichen. An diesem Donnerstag ist eine Aktion der elf beteiligten Unternehmen vor dem Landtag geplant.

«Wir wollen nicht um staatliche Hilfen betteln, sondern gemeinsam die Krise meistern», betonte Mittelstädt. Die Politik solle für regionale Produkte werben und bessere Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehöre ein Abbau von Bürokratie, der - wie etwa die Erfassung von Lieferscheinen - in Unternehmen viel Personal binde. Zudem sei ein Ausbau der Digitalisierung in ländlichen Gebieten nötig, sagte Exner.

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