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Wednesday, October 12, 2022

Lebensmittel und die Inflation: Gerne, aber günstig: Bio-Branche in Not - ZDFheute

Reformhäuser, Naturkostläden, Bio-Supermärkte - immer mehr Läden kämpfen in der Krise ums Überleben. Bio bleibt beliebt, aber die Verbraucher achten mehr auf den Preis.

Gemuese- und Obstauslage eines Marktes.
Aufgrund steigender Lebensmittelpreise wird es für teure Bio-Lebensmittel aus der Region immer schwerer. Das zeigt sich auch auf der Messe Bio-Fach, die heute in Nürnberg beginnt.
Quelle: Colourbox.de

In der Corona-Pandemie gehörten Bio-Supermärkte, Reformhäuser und Naturkostläden noch zu den Krisengewinnern. Doch seitdem infolge des Ukraine-Krieges die Energie- und Lebensmittelpreise explodieren, hat sich das Bild gewandelt. Die Kunden bleiben weg. Selbst traditionsreiche Biohändler kämpfen ums Überleben.

Immer mehr Bioprodukte von Discounter

"Bio-Supermärkte, Reformhäuser und Naturkostläden erleiden zurzeit deutliche Umsatzeinbußen", sagte der Handelsexperte Robert Kecskes vom Marktforschungsunternehmen GfK. Der Grund: Angesichts knapper Kassen kaufen viel Verbraucherinnen und Verbraucher Bioprodukte immer öfter im Supermarkt oder beim Discounter.

Nach den jüngsten Zahlen der GfK lagen die Umsätze der Biosupermärkte im August um 10,8 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die Naturkostläden und Reformhäuser verzeichneten sogar ein Minus von 37,5 Prozent. Der Chef der Bio-Kette Alnatura, Götz Rehn, klagte kürzlich:

Der Bio-Markt erlebt gerade den schlimmsten Einbruch seit 35 Jahren.
Götz Rehn, Alnatura

Erste Insolvenzen

Die ersten Händler mussten bereits den Gang zum Insolvenzgericht antreten: Die 1927 gegründete Reformhauskette Bacher mit ihren bundesweit mehr als 100 Filialen beantragte im Sommer Insolvenz in Eigenverwaltung. Die Kette Superbiomarkt mit rund 30 Filialen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen suchte Rettung in einem Schutzschirmverfahren.

Doch nicht nur Branchengrößen, auch viele kleine Unverpackt-Läden kämpfen ums Überleben. Und das Branchenfachblatt "Lebensmittel Zeitung" warnte: "Der Ausleseprozess hat gerade erst begonnen."

Einkaufsverhalten hat sich geändert

"Wenn man nur die Zahlen der Fachmärkte sieht, könnte man den Eindruck haben, Bio spiele angesichts der hohen Inflation keine so große Rolle mehr im Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher. Aber das ist nicht wahr", sagte Kecskes. Bio gewinne sogar weiter Marktanteile.

Doch die Menschen hätten ihre Einkaufsverhalten deutlich geändert, um angesichts der gestiegenen Preise ihre Wünsche nach einem nachhaltigen Konsum mit ihrem kleiner werdenden finanziellen Spielraum unter einen Hut zu bringen.

Bereits seit Ende des letzten Jahres ist Kecskes zufolge zu beobachten, dass die Menschen weniger in den häufig als hochpreisig empfundenen Bio-Fachgeschäften einkaufen und günstigere Alternativen suchen.

Eigenmarken der Ketten legen zu

Schritt für Schritt hätten Verbraucherinnen und Verbraucher Bio-Einkäufe in die klassischen Supermärkten wie Rewe oder Edeka verlagert. "Jetzt sehen wir aufgrund der starken Preiserhöhungen die nächste Stufe", sagte Kecskes. Beim Einkauf im Supermarkt werde immer öfter vom Bio-Markenprodukt zur Bio-Handelsmarke gewechselt. Oder die Bioprodukte würden gleich beim Discounter einkauft.

Die Verbraucher kaufen weiter Bio ein, aber eben günstiger.
Robert Kecskes, GfK

Das bekommen auch die Markenartikelhersteller im Bio-Bereich zu spüren. Zwischen Juni 2021 und Juni 2022 büßten sie laut GfK rund 8,9 Prozent ihrer Umsätze ein, während die Eigenmarken der Handelsketten um 9 Prozent zulegten.

Tatsächlich müssen viele Verbraucher sparen. Schließlich waren Lebensmittel nach den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes im September durchschnittlich um 18,7 Prozent teurer als noch ein Jahr zuvor. Und auch Heizen, Tanken und Strom wurden deutlich teurer.

Eine nachhaltige Entwicklung?

Sollten sich die finanziellen Probleme der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland in den nächsten Monaten weiter zuspitzen, droht der Bio-Branche nach Einschätzung von Kecskes weiteres Ungemach.

Noch versuchten viele Menschen weiterhin Bio-Produkte zu kaufen, indem sie auf günstigere Angebote auswichen. Doch es könne der Punkt kommen, an dem so mancher angesichts knapper Kassen ganz darauf verzichten müsse.

Doch selbst wenn sich die finanzielle Situation der Menschen in absehbarer Zeit wieder verbessern sollte, dürfte es für die Fachmärkte und die Markenartikelhersteller nach Einschätzung von Kecskes nicht einfach werden, die verlorenen Kunden zurückzugewinnen. Im Gegenteil:

Wenn die Menschen mit den günstigeren Handelsmarken und Discounterprodukten, die sie jetzt kennengelernt haben, zufrieden sind, ist das eine echte Herausforderung.
Robert Kecskes, GfK

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