Der Aufruf an die Bürger verhallte ungehört: "Bitte keine Hamsterkäufe, dafür besteht kein Anlass. Wir haben die Versorgung sichergestellt", sagte der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir (56) fast flehentlich vor wenigen Tagen. Doch zahlreiche Bundesbürger ließen sich dadurch nicht vom Hamstern abhalten: Wegen des Ukraine-Kriegs haben offenbar viele Menschen Angst, dass bestimmte Lebensmittel bald nicht mehr zur Verfügung stehen könnten.
Die Hamsterkäufe legen Vorräte an - aus Angst vor einem künftigen möglichen Mangel und aus Angst vor weiter steigenden Preisen. Denn ausgerechnet Russland und die Ukraine sind größte Exporteure von Produkten wie Sonnenblumenöl und Weizen. Russland hat bereits eine Begrenzung des Exports von Sonnenblumenkernen und Sonnenblumenöl angekündigt. Hinzu kommt, dass die Energiepreise enorm steigen – was zur Verteuerung von nahezu allen Produkten führt. Der Discounter Aldi hatte vor zwei Wochen die Preise für etwa 160 Artikel erhöht, eine Woche später verteuerten sich 20 weitere Artikel. Wettbewerber zogen nach. Laut einer Befragung des Ifo-Instituts planen fast alle Firmen aus Deutschlands Nahrungs-Einzelhandel Preiserhöhungen. Auch Taktgeber Aldi will am kommenden Montag die Preise für Wurst und Butter erneut erhöhen.
Die Folge: Erneut werden die Supermarktregale leergekauft. Das letzte große Hamstern ist erst zwei Jahre her. Anfang 2020 veranlasste die Coronapandemie Konsumenten dazu, Toilettenpapier, Nudeln und Hefe zu horten. Der Ukraine-Krieg hat diese Ängste offenbar wiederbelebt. Sobald die ersten leeren Regale in den sozialen Medien verbreitet wurden, wuchs der Druck, für sich selbst noch rasch einen Vorrat anzulegen. Der Hamsterkauf ist eine Spirale: "Menschen fangen an mehr zu kaufen, weil andere mehr kaufen", sagt der Konsumpsychologe Hans-Georg Häusel. Selbst wenn die Preise steigen, würden die Produkte dennoch gehortet – aus Angst vor einer Knappheit. Doch erst dadurch entstehe die eigentliche Knappheit.
Doch welche Produkte werden derzeit besonders häufig gehortet und sind nur noch selten in den Regalen zu finden? Ein Überblick.
1. Mehl
Russland und die Ukraine gelten als Kornkammern. Sie decken nach Angaben des größten deutschen Agrarhändlers Baywa rund 30 Prozent der weltweiten Nachfrage ab. Infolge des Krieges sind die Preise für Getreide in die Höhe geschossen. Nun legen viele Bundesbürger Mehl-Vorräte an. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes war der Absatz von Mehl im Lebensmitteleinzelhandel bereits in der Woche vom 7. bis 13. März dreimal so hoch wie ein halbes Jahr zuvor im September 2021.
2. Speiseöl
Die Ukraine bedient zusammen mit Russland fast 80 Prozent des Weltmarktes an Sonnenblumenöl. Das Statistische Bundesamt ermittelte in der Woche vom 7. bis 13. März eine mehr als doppelt so hohe Nachfrage (plus 123 Prozent) wie im September 2021. Die Nachfrage steigt weiter, obwohl die Preise sich innerhalb kürzester Zeit fast verdoppelt haben. Wer kann, bunkert. Aldi-Süd musste sogar bereits eingreifen und ihre Öl-Eigenmarke auf vier Flaschen pro Kunde begrenzen. Und auch beim Konkurrenten Lidl werden Waren wie Speiseöl nur noch "in haushaltsüblichen Mengen" verkauft.
3. Reis
Ein weiteres Produkt, das zeitweise knapp wird, ist Reis. Der Konsum zieht auch hier stark an: In der Woche ab dem 7. März wurde 74 Prozent mehr Reis gekauft als in der Vorjahreswoche. Das geht aus Daten des Marktforschungsinstituts IRI hervor.
4. Nudeln
Im Gegensatz dazu sind die Preise etwa für Nudeln bislang stabil geblieben. Doch die getreideverarbeitende Wirtschaft in Deutschland warnt vor Versorgungsengpässen bei ausbleibender Belieferung mit russischem Gas. "Stehen die Unternehmen der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft still, laufen wir in eine prekäre Situation", warnte der Branchenverband VGMS. Dann könnten sich auch die Nudel- und Teigwaren-Regale in den Supermärkten leeren: Nudeln gehören wie Mehl, Öl und Reis zu den Grundnahrungsmitteln, die einfach zu lagern sind und als Bestandteile eines klassischen "Notvorrats" gelten. Steigt die Nachfrage weiter und geht die Produktion wegen Energie-Engpässen zurück, drohen auch bei Nudeln leere Regale.
5. Senf
Ab Herbst könnte ein weiteres Lebensmittel in den Regalen fehlen: Senf. Schon jetzt sei eine Rohstoffverknappung festzustellen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbandes Kulinaria, Markus Weck, der Zeitung Welt vom Montag. Der Verband vertritt rund 130 Unternehmen, die unter anderem Senf herstellen. Fast 80 Prozent der von Deutschland importierten Senfsaaten kämen aus Russland und der Ukraine.
6. Honig
Doch dabei bleibt es nicht. Denn zahlreiche weitere Produkte kommen hauptsächlich aus den Kriegsländern. Nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft werden pro Jahr rund 15.000 Tonnen Honig aus der Ukraine eingeführt. Das entspricht etwa 16 Prozent der gesamten Importmenge in Deutschland. Doch nun sind die Handelswege blockiert - vor allem durch die russische Blockade der ukrainischen Häfen. Beobachter befürchten, dass auch Honig schon bald in Supermärkten knapp werden könnte.
Vorratshaltung sorgt für Engpässe: Hamsterkäufe – diese Lebensmittel werden jetzt knapp - manager magazin
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