An jedem Donnerstag stehen auf den rustikalen Verkaufsständen im historischen Salzhaus von Zittau Reihe in Reihe Kisten. Sie sind nummeriert und gefüllt mit Obst, Gemüse, Saftflaschen, Müsli, Mehl und vielem mehr. Franziska Kusche greift sich die Kiste mit ihrer Nummer und lässt sich zusätzlich noch Bratwürste aus einer Kühlbox herausgeben. Die Olbersdorferin hat zum ersten Mal bei der Marktschwärmerei Lebensmittel bestellt, erzählt sie. Das Besondere: Alles kommt von Erzeugern aus dem direkten Umfeld von Zittau. "Es ist einfacher, als wenn ich zu jedem einzelnen Produzenten hinfahre, von einem Dorf ins nächste. Hier kann ich gesammelt bestellen und abholen", erklärt die 33-Jährige.
Online bestellen und bezahlen
Seit knapp einem Jahr gibt es im Salzhaus die sogenannten Marktschwärmer. Es ist eine Art Umschlagplatz für regionale Lebensmittel. Die Kunden bestellen und bezahlen von zu Hause aus übers Internet, die Erzeuger im Umkreis bringen die gewünschten Lebensmittel einmal wöchentlich zu einem zentralen Abholort. Für Franziska Kusche sind sowohl der kurze Transportweg der Waren wichtig als auch die Unterstützung der regionalen Erzeuger. Die Bratwürste kosteten hier natürlich mehr als im Supermarkt. Aber man könne nicht über die Welt meckern, dass alles schlechter wird und andererseits sagen, meinen Teil zum besseren beizutragen, ist mir zu teuer, sagt sie. Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit sind für die Olbersdorferin keine Lippenbekenntnisse.
Viele Menschen schimpfen darüber, dass in der Oberlausitz so wenig passiert und so viele Unternehmen pleite gehen. Aber man muss auch hier einkaufen und die Leute unterstützen.
Kein Fleisch aus Massenproduktion
Die Gurke aus Spanien kommt auch bei Daniel Fischbach nicht auf den Abendbrottisch. Er vermeidet es, weit transportiertes Gemüse oder Obst im Supermarkt zu kaufen. Aus Umweltschutzgründen, wie der Zittauer erklärt. Das Preis-Leistungsverhältnis beim Marktschwärmer-Konzept findet er "super".
Martina Peuker aus Oderwitz ist Stammkundin. Alle zwei Wochen schaut sie mindestens vorbei. Die Bestellungen mache sie abends auf dem Sofa: "Die Beine hoch und dann einkaufen." Die Oderwitzerin schätzt besonders die Fleisch und Wurstwaren des örtlichen Fleischerbetriebs. Die Tiere kämen von Bauern aus der Umgebung, es sei nicht so eine Massenproduktion, so Martina Peuker.
Die Bestellungen packt und verteilt Anja Nixdorf-Munkwitz. Für die 42-Jährige, die hauptberuflich die Stiftung des Kraftwerks Hirschfelde leitet, ist es ein "sich selbst finanzierendes Hobby". Die Hirschfelderin macht sich seit Jahren für ihre Region stark und schiebt neue Projekte an, um die Erzeuger vor Ort zu fördern. Denn es gebe so viele Leute hier, die tolle Lebensmittel herstellen. Mit der Marktschwärmerei könne man regionale Sachen kaufen, ohne dafür extrem viel Zeit einplanen zu müssen.
Marktschwärmer ist meine kleine Netzwerkstelle für regionale Nachhaltigkeit.
Persönlicher Kontakt zum Erzeuger
Anja Nixdorf-Munkwitz schätzt es, die Erzeuger persönlich zu kennen. "Ich kann mit ihnen Kontakt aufnehmen und weiß wirklich, wer die Lebensmittel herstellt." Das ist in konventionellen Einkaufsmärkten nicht der Fall. Gerade in Zittau mit seiner traditionellen Geschichte des Gartenanbaus wolle sie kein Gemüse kaufen, das als "regional" gelabelt ist, aber irgendwo aus Mitteldeutschland stammt. "Ich habe drei Gärtnereien in meiner Marktschwärmerei und jeder darf gern seine Lieblingsgärtnerei haben. Aber sie sind alle von hier."
Die Frage ist, wie Region definiert wird. Da es keine rechtlich verbindliche Festlegung gibt, kann man auch Schindluder mit dem Begriff treiben.
Nach und nach werden die Kisten weniger. Heute waren es etwa 30 Bestellungen. In den Ferien sei es ruhiger, sagt Anja Nixdorf-Munkwitz. An anderen Tagen seien schon an die 100 Bestellkisten zusammengekommen. Die Leute, die sich für Regionalität und Nachhaltigkeit interessieren, nutzten den Abholtermin im Salzhaus auch als Plattform für den Ideenaustausch, beobachtet die 42-Jährige.
Marktschwärmerei in Zittau: Lebensmittel vom Erzeuger nebenan - MDR
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