Die Lebensmittelhersteller-Lobby entschuldigt sich bei Landwirtschaftsminister Özdemir. Sie hatte Werbeverbote und Diktaturen verglichen.
BERLIN taz | Der Spitzenverband der Lebensmittelhersteller hat sich für seinen Vergleich zwischen NS-Regime und DDR sowie Werbeverboten für ungesunde Lebensmittel entschuldigt. Gerade dann, wenn es hitzig und emotional werde, „überspannt man auch unbewusst mal den Bogen“, teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) am Dienstagabend der taz und auf Twitter mit. „Das ist uns heute passiert und dafür möchten wir uns in aller Form entschuldigen – bei Bundesernährungsminister Cem Özdemir und bei allen, die sich durch den Tweet verletzt fühlen.“
Die BVE hatte am Dienstagmorgen im Twitterfeed des Autors dieses Artikels geschrieben: „Ein grüner Ernährungsminister darf weder Bürgern vorschreiben, was sie lesen/gucken, noch Medien, was sie senden. Deutschland hat mit staatl. Erziehung bereits 2x schlechte Erfahrungen gemacht“. Nun ergänzte die BVE, die Aussage habe sich lediglich auf einen Eingriff des Werbeverbots auf das im Grundgesetz verankerte Erziehungsrecht der Eltern bezogen.
Özdemir sagte am Mittwoch der taz: „Vergleiche mit Diktaturen – zumal mit dem Nationalsozialismus – verbieten sich schon aus Respekt vor den Opfern“. Bei ihm müssten sich Verbandsvertreter nicht entschuldigen. „Als Bundesminister halte ich viel aus und weiß ganz genau, warum ich für mehr Kinderschutz kämpfe. Rechenschaft sind die Verbandsvertreter am Ende gegenüber ihren Mitgliedsunternehmen schuldig. Da wird sicherlich viel diskutiert.“
Der politische Geschäftsführer der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, Oliver Huizinga, der den NS-/DDR-Vergleich kritisiert hatte, kommentierte die Entschuldigung der BVE mit den Worten: „Ich kaufe Ihnen das nicht ab.“ Die aktuelle Äußerung sei nur die Spitze des Eisbergs. „Das geht schon Monate so: Persönliche Herabsetzungen, DDR-Vergleiche, Polemik.“ Adipositas ist eine Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit, die mit starkem Übergewicht einhergeht.
Mit Werbeverboten will Özdemir unter 14-Jährige davor schützen, zu einer unausgewogenen Ernährung verleitet zu werden, die zu Übergewicht und damit verbundenen Krankheiten beiträgt. Er will zum Beispiel Fernsehspots für Lebensmittel mit viel Fett, Zucker und/oder Salz zu bestimmten Zeiten untersagen.
Werbeverbote für ungesunde Lebensmittel: Foodindustrie bedauert NS-Vergleich - taz.de
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