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Brüchige Nägel oder Müdigkeit sind zunächst einmal kein Grund zur Beunruhigung. Bei wem jedoch Schwindel, Schwäche und Konzentrationsprobleme hinzukommen, der sollte aufmerksam werden. Möglicherweise ist ein Eisenmangel der Grund für die Leistungsschwäche. Vor allem junge Frauen leiden häufig an einem Defizit des Spurenelements: Einer aktuellen US-Studie zufolge, die im Fachblatt »Jama« veröffentlicht wurde , sind bis zu 39 Prozent aller Frauen zwischen 12 und 21 Jahren davon betroffen.
Doch auch ältere Frauen und Männer können Symptome bekommen, wenn der lebenswichtige Nährstoff fehlt. Forschende der Universität Wien haben zuletzt herausgefunden , dass bestimmte Immunzellen im Darm dazu führen könnten, dass der Körper nicht genug Eisen aufnehmen kann. Woran Sie einen Eisenmangel bemerken, welche Nahrungsmittel viel Eisen enthalten und wann ein Arzt aufgesucht werden sollte – der Überblick.
Wofür braucht der Körper Eisen?
»Eisen ist ein essenzielles Spurenelement«, schreibt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Es ist lebensnotwendig und an verschiedenen Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt. Vor allem ist es wichtig für die Blutbildung und den Transport von Sauerstoff im Blut. Es spielt eine wichtige Rolle bei der zellulären Energieversorgung, der DNA-Synthese und der Abwehr von Infektionen.
Eisen ist zudem Teil eines Enzyms, das den Neurotransmitter Dopamin im Gehirn herstellt. Der Nervenbotenstoff wird fürs Konzentrieren, Schlafen, Lernen und motorische Aktivität gebraucht und beeinflusst auch unsere Stimmung. Bei Eisenmangel wird weniger Dopamin produziert. Aus der Mangelerscheinung kann innerhalb weniger Monate eine Eisenmangelanämie werden, also eine Blutarmut.
Welche Symptome ruft Eisenmangel hervor?
Haben wir nicht ausreichend Eisen im Blut, kann sich das an körperlichen und psychischen Symptomen bemerkbar machen. Das Tückische ist jedoch: Eine Unterversorgung bemerkt man erst, wenn bereits über längere Zeit zu wenig Eisen aufgenommen wurde. Denn der Körper kann Eisen in kleineren Mengen speichern und greift zunächst auf vorhandene Reserven zurück. Sind die Eisenspeicher leer, können trotz normaler Hämoglobinwerte bereits Beschwerden auftreten, wie etwa:
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trockene Haut,
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Haar- und Nagelbrüchigkeit,
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Blässe,
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Müdigkeit,
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allgemeine Schwäche,
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Konzentrationsprobleme und Kopfschmerzen,
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Reizbarkeit,
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depressive Verstimmungen,
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Störungen der Körpertemperaturregulation.
Auch das sogenannte Restless-Legs-Syndrom kann darauf hindeuten, dass die Eisenspeicher aufgebraucht sind. Betroffene sind von Missempfindungen und Unruhe in den Beinen geplagt, die ausschließlich abends und nachts auftreten.
Wer solche Mangelsymptome hat, sollte beim Arzt den Hämoglobin- und den Ferritinwert bestimmen lassen. Eisenmangel kann, nach Rücksprache mit dem Arzt, mit Eisentabletten behandelt werden. Zu hoch dosierte Präparate können jedoch Vergiftungserscheinungen auslösen. Bei Eisenmangel ist es außerdem ratsam, die Ernährung zu überdenken. Menschen, die ein besonders hohes Risiko für einen Eisenmangel haben (siehe nächste Frage) sollten ohnehin mit dem Hausarzt oder der Gynäkologin abklären, ob eine Blutuntersuchung und daraufhin möglicherweise eine Substitution notwendig ist.
Wer ist häufig von Eisenmangel betroffen?
Weltweit weisen rund 30 Prozent der Bevölkerung einen Eisenmangel auf. In Deutschland ist die Lage nicht ganz so drastisch: Insgesamt haben hierzulande etwa zehn Prozent der Frauen und drei Prozent der Männer einen zu niedrigen Eisenwert. Eine verminderte Eisenaufnahme kann durch Krankheiten entstehen, etwa wenn zu wenig Magensäure gebildet wird. Auch einige Medikamente beeinträchtigen die Eisenresorption sowie häufiges Blutspenden. Zu den häufigsten Ursachen zählt jedoch eine einseitige Ernährung. Einige Bevölkerungsgruppen sind dafür prädestiniert, kritische Werte zu entwickeln, dazu gehören:
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Schwangere: In der Schwangerschaft wird das Baby vom mütterlichen Körper mitversorgt. Um ausreichend Sauerstoff an Mutter und Kind zu transportieren, werden im Laufe der Schwangerschaft unter anderem rote Blutkörperchen gebildet. Dadurch erhöht sich der Eisenbedarf. Wird dieser nicht ausreichend abgedeckt, steigt das Risiko für die werdende Mutter, einen Eisenmangel zu entwickeln.
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Frauen: Durch die monatliche Regelblutung verlieren Frauen im gebärfähigen Alter mehr Eisen als gleichaltrige Männer. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC empfiehlt daher nichtschwangeren Frauen, alle fünf bis zehn Jahre ein Screening auf Blutarmut durchführen zu lassen. Ähnliche Empfehlungen gibt es in Deutschland nicht.
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Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren: Eisen kann besonders gut über tierische Produkte vom Körper aufgenommen werden. Vegetarier und Veganerinnen sollten sich daher intensiv damit beschäftigen, welche Lebensmittel ihnen helfen, auf die empfohlene Eisenzufuhr zu kommen.
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Kinder und Jugendliche während der Wachstumsschübe: Wer noch wächst, hat einen erhöhten Eisenbedarf. Eltern sollten daher auf eine ausgewogene Ernährung ihrer Kinder achten und den Eisenhaushalt möglicherweise beim Kinderarzt abklären.
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Ausdauersportler, ältere Menschen, Menschen mit verletzungsbedingt hohem Blutverlust oder mit chronischen Entzündungen im Magen-Darm-Trakt haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko. Sie sollten daher auf adäquate Eisenzufuhr achten und diese gegebenenfalls mit einem Arzt oder einer Ärztin abstimmen.
Wie ein Forscherteam der Medizinischen Universität Wien in einer Studie mit Mäusen Ende April herausfand , könnte auch eine Fehl- oder Überfunktion bestimmter Immunzellen im Darm bei der Eisenaufnahme im Körper eine wichtige Rolle spielen. Laut der Studie sorgte eine Aktivierung der sogenannten Makrophagen (Fresszellen) im Zwölffingerdarm bei den Mäusen dafür, dass deren Eisenaufnahme behindert wurde – obwohl sie eigentlich ausreichend Eisen über die Nahrung erhalten hatten. »Somit bleibt das Eisen in den Darmzellen und kann nicht mehr in den Blutkreislauf gelangen«, sagte die Autorin der Studie, Nyamdelger Sukhbaatar. Weitere Studien sollen nun klären, ob die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind und mögliche therapeutische Maßnahmen ableiten.
Wie kann ich einem Eisenmangel vorbeugen?
Eisen kann nicht vom Körper selbst gebildet werden und muss daher regelmäßig mit der Nahrung zugeführt werden. Das Spurenelement kommt in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor, wobei der Körper sogenanntes zweiwertiges Eisen aus tierischer Herkunft besser verwerten kann. Die Aufnahme und Verwertung von pflanzlichem Eisen (dreiwertiges Eisen) könne durch die Bindung an andere Pflanzenbestandteile sogar gehemmt werden, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) . Zu solchen Stoffen zählen etwa Tannine, die in Rotwein oder schwarzem und grünem Tee enthalten sind. Auch Oxalsäure, etwa in Spinat, Roter Bete, Rhabarber oder Kakao vorhanden, Phytat, zum Beispiel in Getreide zu finden, oder Phosphat, das unter anderem im Schmelzkäse steckt, können die Aufnahme behindern. Ebenfalls enthielten Weizenkleie, Milchprodukte, Sojaprodukte und Kaffee solche Stoffe.
Die Eisenaufnahme hängt also auch davon ab, was man insgesamt isst und trinkt. Das heißt nicht automatisch, dass alle, die kein Fleisch essen, einen Eisenmangel haben. So kann die Zufuhr an bestimmten Lebensmitteln wie etwa Vitamin C die Eisenaufnahme bei Vegetarierinnen oder Veganern verbessern. Wer viel oder ausschließlich pflanzliche Kost isst, kann verschiedene pflanzliche Lebensmittel geschickt kombinieren.
Folgende Lebensmittel enthalten viel Eisen und sollten regelmäßig auf dem Speiseplan auftauchen:
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Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte,
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Vollkornprodukte, etwa Haferflocken, Dinkelbrot oder Hafervollkornbrot,
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Hülsenfrüchte wie Erbsen, Kichererbsen oder Linsen,
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Salat und Kräuter wie Feldsalat, Schnittlauch und Brunnenkresse,
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Gemüse, wie etwa Pfifferlinge, Mangold oder Schwarzwurzeln
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Menschen, die sich überwiegend pflanzlich ernähren, sollten die Eisenlieferanten mit Vitamin-C-Quellen kombinieren: etwa Zitrusfrüchten, Brokkoli, Gemüsepaprika oder Petersilie.
Für Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren wird täglich eine Eisenzufuhr von 12 bis 15 Milligramm empfohlen. Männern ab 19 Jahren wird empfohlen , mindestens 10 Milligramm Eisen pro Tag zu sich zu nehmen, Frauen sollten rund 15 Milligramm Eisen aufnehmen. Bei Schwangeren und Stillenden erhöht sich der Bedarf deutlich: Sie sollten 30 beziehungsweise 20 Milligram Eisen pro Tag zuführen. Bei Frauen nach der Menopause sinkt der Eisenbedarf wieder: Sie müssen nur noch rund 10 Milligramm Eisen täglich zu sich nehmen.
Kann man auch zu viel Eisen aufnehmen?
Ja, und das kann sogar schädlich sein. Dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zufolge steigt nach derzeitigem Wissensstand bei einer dauerhaft hohen Versorgung mit Eisen das Risiko für Herz- und Krebserkrankungen. Das BfR rät daher davon ab, mit Eisen angereicherte Lebensmittel oder eisenhaltige Nahrungsergänzungsmittel zu konsumieren. Eisenhaltige Nahrungsergänzungsmittel sollte man nur bei einem erhöhten Bedarf nach Rücksprache mit dem Arzt einnehmen. Mehr als sechs Milligramm täglich sollten ohne ärztliche Absprache nicht eingenommen werden.
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