02. November 2021 - 17:03 Uhr
Prominente Wissenschaftler:innen drängen auf Ernährungswandel
Von RTL-Ernährungsexpertin Nora Rieder
Beim Begriff Erderwärmung denken viele zunächst an die Abholzung von Regenwäldern, Stromerzeugung aus Kohle oder Abgase von Flugzeugen. Doch auch unsere Ernährung trägt entscheidend zur Klimaerwärmung bei. Auf diese Tatsache machen nun prominente Wissenschaftler:innen gemeinsam mit der gemeinnützigen Organisation Veganuary aufmerksam. In einem offenen Brief an die internationalen Staats- und Regierungschefs auf der UN-Klimakonferenz COP26 drängen sie auf einen Ernährungswandel. Doch welche Lebensmittel sind eigentlich die größten Klimasünder? Und wie kann eine klimafreundliche Ernährung gelingen?
Pflanzenbasierte Ernährung als Lösung
Der Klimawandel ist da und seine Folgen sind unübersehbar und zunehmend unausweichlich: Die Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, und während manche Staaten immer häufiger mit Überflutungen und Stürmen zu kämpfen haben, leiden andere unter immer längeren Dürreperioden.
Einen maßgeblichen Anteil an der Erderwärmung hat unsere Ernährung – also das, was wir essen, wo wir einkaufen und wie wir unsere Speisen zubereiten. Allein in Deutschland ist die Ernährung für knapp 25 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich – und ist damit fast gleichauf mit den Emissionen infolge der Mobilität.
Auf diese Tatsache wollen die Forscher:innen mit ihrer Kampagne "Houston, we have the Solution" aufmerksam machen. In ihrem Offenen Brief heißt es: "Klimaschutz ist keine Raketenwissenschaft! Wir kennen bereits eine wichtige Lösung, die dabei helfen kann, Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren: die Umstellung auf eine pflanzenbasierte Ernährung." Sie fordern, dass die Entscheider:innen der Welt dem Ernährungswandel Priorität einräumen, "um unseren Planeten zu schützen".
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Welche sind die klimaschädlichsten Lebensmittel?
Grundsätzlich werden durch die Düngung, die Verdauung der Tiere, aber auch durch den Kraftstoffverbrauch von Erntemaschinen Treibhausgase freigesetzt. Aber auch der Transport, die Lagerung und Kühlung eines Lebensmittels sowie die Zubereitung tragen zu dessen Klimabilanz bei.
Diese Lebensmittel tragen am stärksten zum Treibhauseffekt bei:
Butter
Für die Produktion von einem Kilogramm des beliebten Streichfetts entstehen rund 24 Kilogramm CO2-Äquivalent (CO2e). Der Index drückt die Erwärmungswirkung einer bestimmten Menge eines Treibhausgases über einen festgelegten Zeitraum (meist 100 Jahre) im Vergleich zu derjenigen von CO₂ aus. Grund dafür ist, dass die verschiedenen Gase in einem bestimmten Zeitraum unterschiedlich stark zum Treibhauseffekt beitragen: So wirkt Methan zum Beispiel 21 mal stärker als Kohlendioxid.
Grund für die schlechte Bilanz ist die aufwendige Herstellung: Für ein Kilogramm Butter werden über 20 Liter Milch benötigt. Und deren Bilanz wiederum ist ebenfalls schlecht, da für die Gewinnung von Milch Kühe gehalten werden müssen. Hinzu kommen Emissionen infolge von Transport, Verpackung und Lagerung.
Greifen Sie also alternativ häufiger zu pflanzlichen Streichfetten, wenn Sie Ihren CO2-Fußabdruck verkleinern möchten.
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Auch Rindfleisch und Milchprodukte haben eine schlechte Klimabilanz
Rindfleisch
Rindfleisch steht nicht nur wegen des hohen Wasserverbrauchs bei der Produktion in der Kritik: Für ein Kilogramm Rindfleisch werden weltweit durchschnittlich 15.000 Liter Wasser benötigt. Zum Vergleich: Für ein Kilogramm Kartoffeln sind 255 Liter Wasser nötig.
Aber auch in Sachen CO2-Emission belegt Fleisch einen der vorderen Plätze: So entstehen bei der Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch 13 Kilogramm CO2-Äquivalente – fast viermal so viel wie bei Geflügel oder Schweinefleisch.
Die Erklärung für die negative Bilanz: Rinder produzieren bei der Verdauung sehr viel Methan. Dieses Gas ist deutlich schädlicher als CO2.
Hülsenfrüchte wie Kichererbsen, Soja und Linsen sowie daraus hergestellte Produkte sind eine gute Fleischalternative, die noch dazu viel pflanzliches Eiweiß und Eisen liefert.
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Käse, Sahne und Co.
Für die Produktion von Milchprodukten werden – wie für Butter auch – große Mengen Milch benötigt. Dies erklärt die etwa acht Kilogramm CO2-Äquivalente von Käse und Co. Dabei gilt: Je höher der Fettgehalt, desto klimaschädlicher der Käse.
Wer etwas für die Umwelt tun möchte, aber nicht auf Käse verzichten möchte, sollte also zu fettarmen Sorten wie Mozarella, Harzer, Feta oder Hüttenkäse greifen.
Starke Verarbeitung treibt CO2-Ausstoß nach oben
Mit Treibhausgemüse und Tiefkühl-Pommes sind auch zwei vegetarische Produkte unter den Top 5 der klimaschädlichsten Lebensmittel.
Treibhausgemüse
Wir sind es gewohnt, Erdbeeren, Tomaten und Co. auch im Winter essen zu können. Viele Obst- und Gemüsesorten werden deshalb außerhalb ihrer Saison in beheizten Treibhäusern angepflanzt. Das sorgt für eine sehr schlechte Klimabilanz des ansonsten klimafreundlichen Obst und Gemüses. Treibhaus-Bohnen etwa verursachen knapp 6,5 kg CO2 pro Kilogramm. Ähnlich sieht es bei anderen Gemüsen wie Gurken oder Kopfsalat aus.
Kaufen Sie daher so oft wie möglich saisonal und regional. Das spart nicht nur Emissionen durch Anbau und Transport, sondern spart auch Geld. Denn Gemüse und Obst, das gerade Saison hat, ist auch günstiger als in der Nebensaison. Zudem sind heimische Früchte weniger mit Schadstoffen belastet.
Tiefkühl-Pommes
Problematisch ist hier nicht der Rohstoff selbst, also die Kartoffel und ihr Anbau. Vielmehr ist die starke Verarbeitung schuld an der negativen CO2-Bilanz der Tiefkühl-Pommes von fast sechs Kilogramm CO2 pro Kilogramm. Für die Herstellung von Pommes frites müssen die Kartoffeln unter heißem Dampf geschält, geschnitten, blanchiert und getrocknet werden. Anschließend werden sie frittiert und für den Transport tiefgekühlt. Vor dem Verzehr werden sie dann zu Hause oder im Restaurant erneut frittiert oder im Backofen erhitzt. Dies zeigt, wie eine aufwendige Verarbeitung aus einem an sich klimafreundlichen Lebensmittel ein klimaschädliches macht.
Bereiten Sie Kartoffeln also am besten als Salz- oder Pellkartoffeln zu oder machen Sie die Pommes frites aus frischen Kartoffeln einfach selbst.
Kleine Schritte, große Wirkung: Reduzierung statt kompletter Verzicht
In einem im August geleakten Berichtsentwurf des Weltklimarats, dem dritten Teil des aktuellen IPCC-Reports, heißt es, dass eine pflanzliche Ernährung klimaschädliche Treibhausgasemissionen um bis zu 50 Prozent im Vergleich zu einer "durchschnittlichen emissionsintensiven westlichen Ernährung" reduzieren kann.
Auch wenn Gemüse deutlich klimafreundlicher ist als tierische Produkte wie Fleisch, Eier und Milch: Wer seinen CO2-Fußabdruck verringern möchte, muss nicht gleich komplett auf tierische Produkte verzichten. Wenn Sie Ihren Fleisch- und Wurstkonsum von täglich auf ein- oder zweimal wöchentlich reduzieren, leisten Sie bereits einen großen Beitrag zur Reduzierung des Treibhauseffekts und der Klimaerwärmung.
Und wer es dennoch ausprobieren möchte: Mit diesen Einsteiger-Tipps klappt es mit dem pflanzlichen Lifestyle.
Schlechte CO2-Bilanz: Das sind die klimaschädlichsten Lebensmittel - RTL Online
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